Nützliches Wissen

Rund um die Kartoffel
und ihre Verwendung

Kartoffelbanbau im Wandel

Klimawandel ist in aller Munde. Wir erleben das Wetter täglich mit all seinen Extremen in unserem direkten Umfeld. Von den Auswirkungen ist die Landwirtschaft und insbesondere der Ackerbau besonders betroffen. Die unterschiedlichen Klima-Modelle liefern zwar keine einheitlichen Aussagen, trotzdem kann als gesichert angenommen werden, dass in unseren Breiten die Temperaturen im Mittel ansteigen. Zudem sollte davon ausgegangen werden, dass es im Sommer zukünftig vermehrt längere Trockenphasen und heiße Tage geben wird. Extreme Unwetterereignisse werden häufiger, die Winter wahrscheinlich feuchter und milder. Bereits ab Herbst können die vermehrten Niederschläge des Winterhalbjahres einsetzen. Dies kann dann Probleme im Herbst bei der Ernte und vermehrte Bodenerosion zur Folge haben. Neben der Kraut- und Knollenfäule treten mit steigenden Durchschnittstemperaturen andere oder neue Krankheitserreger, wie beispielsweise Alternaria und Colletotrichum-Welke vermehrt auf. Bei den tierischen Schädlingen sind es vor allem Blattläuse, aber auch zunehmend Spinnmilben und Junikäfer. Vor allem der Pflanzkartoffelanbau wird durch höhere Blattlauspopulationen und dadurch vermehrt auftretende Viruskrankheiten schwieriger.

Risiken der Flächennutzung
Durch die milderen Winter nimmt das Risiko des Kartoffeldurchwuchses mit allen daraus resultierenden phytosanitären Problemen zu. Biodiversität ist ein anderes Thema, das in den Medien und in der Gesellschaft intensivst diskutiert wird. Nicht zuletzt seit den Diskussionen um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat reden alle davon. Jede Form der landwirtschaftlichen Flächennutzung, und zwar unabhängig ob ökologisch oder konventionell, hat einen großen Einfluss auf die biologische Vielfalt. Daneben haben aber auch Standortbedingungen, z. B. Klima, landwirtschaftliche Strukturen, wie beispielsweise der Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche im Verhältnis zum Wald, aber auch Städte und Infrastrukturen, Geografie oder Geologie sowie Fruchtfolge, Düngung und Pflanzenschutz einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Biodiversität. Die Wechselwirkungen sind sehr komplex und wissenschaftliche Untersuchungen hierzu fehlen weitestgehend. In unserer Gesellschaft werden drei der vier wichtigen Säulen der Produktivität strikt abgelehnt: Pflanzenzüchtungsmethoden (Biotechnologie, z.B. Crispr/Cas-Verfahren), Mineraldüngung und chemischer Pflanzenschutz. Allein die moderne Agrartechnik wird (noch) akzeptiert. Hiervon ist die pflanzenschutzintensive (Pflanz-) Kartoffelerzeugung insbesondere betroffen.
Neue Anbautechniken
Aus diesem Grund sind die Kartoffelanbauer europaweit gefordert, neue Anbautechniken zu entwickeln und einzusetzen. Lebten vor 1960 ca. 3 Mrd. Menschen auf der Erde, von denen jeder Dritte nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt war, so sind es heute bei 7,5 Mrd. Menschen noch knapp 12%. Die moderne Landwirtschaft ernährte noch niemals zuvor so viele Menschen mit günstigen und hochwertigen Nahrungsmitteln, und dies auf einer immer geringer werdenden Fläche (aktuell ca. 11% der Landoberfläche) (FAO). Laut einer Studie der Universität Louvain kommt es bei einem Verzicht auf Pflanzenschutzmittel zu Ernteeinbußen von 42% bei Kartoffeln und 19% beim Weizen.
Fortschritte beim Pflanzenschutz
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfolgt nach strengen Vorgaben, um Anwohner, Anwender und Umgebung zu schützen. Landwirte nutzen Prognosemodelle, um das Auftreten von Krankheiten und Schädlingen besser vorhersagen zu können, genauere Behandlungen durchzuführen, und dies mit verbesserten Pflanzenschutzmitteln in der richtigen Dosierung und am richtigen Ort. Im Kartoffelanbau gibt es seit längerem Warndienste für Krautfäule. Diese Dienste werden ständig ausgebaut und angepasst, durch Forschung werden Genotypen genauer identifiziert, deren Virulenz eingestuft und somit der Pflanzenschutz besser steuerbar sowie Resistenzen vermieden. Neue, innovative Techniken ermöglichen es, Pflanzenschutzmittel punktgenau auszubringen. Hierdurch können nicht nur die Mengen reduziert, weil nur Teile der Fläche behandelt werden, sondern die Mittel können ganz gezielt eingesetzt werden. Ein Großteil der in Europa neu zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind auf biologischer Basis. Forschungsprojekte zur biologischen Bekämpfung von Krankheiten im Kartoffelanbau zeigen erste Erfolge. So laufen derzeit vielversprechende Versuche, Krautfäulnis mit Bacillus thuringiensis zu bekämpfen. Der Kartoffelanbau hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Wurden vor Kurzem noch Unkrautbehandlungen großflächig durchgeführt, kommen jetzt vermehrt die mechanische Beikrautregulierung zum Einsatz. Neben den verschiedenen Hackgeräten ermöglichen Spezialhäufler den Landwirten, Unkraut mechanisch zu bekämpfen und gleichzeitig den Kartoffeldamm aufzubauen. Mit dem Wegfall des Sikkationsmittels Diquat müssen neue Wege gesucht werden, um das Kartoffellaub rechtzeitig zu beseitigen und die Produktqualität zu garantieren. Alte Techniken, wie beispielsweise das Krautrupfen, werden wieder aufgegriffen und ständig weiterentwickelt. Auch in der Kartoffellagerung werden neue Wege eingeschlagen. Neue Keimhemmer auf biologischer Basis, z.B. Minzöl, werden eingesetzt. Verbesserte Kühltechnik hilft zudem, die Kartoffeln länger haltbar zu machen.
Veränderte Konsumgewohnheiten
Einen großen Wandel erlebten in den letzten Jahren und zum Teil Jahrzehnten auch die Konsumgewohnheiten. So ist der Verbrauch an frischen Speisekartoffeln seit Jahren rückläufig. Mit steigendem Einkommen und Lebensstandard hat der Verbrauch an Kartoffeln als Grundnahrungsmittel stark abgenommen, wogegen der Anteil an verarbeiteten Kartoffelprodukten deutlich zugenommen hat. Der Kauf frischer Speisekartoffeln im Bereich der Haushalte wird zunehmend von der Saison unabhängiger. Früher wurden im Herbst Kartoffeln in größeren Mengen eingekellert. Heute geht die Versorgung der Haushalte eher in Richtung gewaschene Kartoffeln mit hoher äußerer Qualität in Kleinpackungen, die für den sofortigen Verzehr bestimmt sind. Hauptgrund hierfür ist, dass in den Haushalten aufgrund fehlender kalter Keller meist keine geeigneten Lagermöglichkeiten mehr bestehen. Vielfach werden seit geraumer Zeit auch geschälte, abgepackte Kartoffeln vermarktet. Spezialisierte Schälbetriebe übernehmen den Schälaufwand und liefern fertig abgepackte Kartoffeln je nach Verwertungsrichtung, Sortierung und Größe an die Supermärkte oder Gastronomiebetriebe. Obwohl der Kartoffelanbau einen größeren Wandel sowohl in Kulturführung als auch in Lagerung und Konsum durchlebt, ist und bleibt die Kartoffel für die luxemburgische Landwirtschaft eine wichtige Kulturpflanze.