Nützliches Wissen

Rund um die Kartoffel
und ihre Verwendung

Was wäre die Welt ohne die Kartoffel?

Man kann sie kochen, braten, frittieren oder technischen Verwertungszwecken zuführen - die Kartoffel.

In den Anden Südamerikas, wird die Kartoffel bereits seit Jahrhunderten kultiviert. Erst mit den spanischen Eroberern gelangte sie um 1565 nach Europa. Der spanische König Philipp II. ahnte damals noch nicht, welche Bedeutung die Knollen, die er in seinen Händen hielt später einmal erlangen würden. Er gab die Knollen an seine Botaniker und bewunderte später die prachtvollen Blüten der Kartoffelpflanze. Anschließend schenkte er dem Papst in Rom ein Exemplar. Langsam bereitete sich die Kartoffel auf dem europäischen Festland aus, zunächst jedoch nur in botanischen Gärten. Es dauerte einige Generationen, bis aus der Kartoffel eine Hauptnahrungsquelle für die europäische Bevölkerung wurde. In ihrer Studie „The Potato’s Contribution to Population and Urbanization“ (2009) zeigen die beiden Ökonomen Nathan Nunn und Nancy Qian, dass wohl kein anderes Lebensmittel die Geschichte der Menschheit so verändert hat wie die Kartoffel. Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die braune Knolle den Lebensstandard in Europa drastisch angehoben hat und eine entscheidende Voraussetzung war, für den politischen und wirtschaftlichen Aufstieg Europas.

Durch den Kartoffelanbau nahm die Produktivität der Landwirtschaft stark zu. Auf identischer Ackerfläche liefert ein Kartoffelfeld in Kalorien gerechnet einen dreimal höheren Ertrag als Weizen, Gerste oder Hafer. Zudem enthalten Kartoffeln ausreichend Vitamine und Nährstoffe um Menschen fast ausschließlich davon ernähren zu können, ohne Mangelerscheinungen hervor zu rufen.

Die Forscher gehen von 1700 als Referenzjahr für den Durchbruch der Kartoffel als Lebensmittel aus. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwischen Regionen mit guten und schlechten Kartoffelanbaubedingungen keine Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Forscher konnten feststellen, dass sich dies nach Einführung der Kartoffel drastisch änderte. Dort, wo sich Erdäpfel gut anbauen ließen, war das Bevölkerungswachstum in den folgenden 200 Jahren deutlich größer. Zudem zogen in diesen Gegenden deutlich mehr Menschen vom Land in die Stadt. Die Verstädterung gilt allgemein als Indikator für höheren Lebensstandard. Laut den beiden Forschern lassen sich 47% der Zunahme der Urbanisierungsrate seit 1700 durch den Kartoffelanbau erklären.

Jedoch nicht nur aus Sicht der Ernährungssicherheit, sondern auch aus den unterschiedlichsten technischen Bereichen, ist die Kartoffel nicht mehr wegzudenken. Als Rohstoff hat vor allem die Kartoffelstärke eine wirtschaftliche Bedeutung. Sie wird als Klebstoff, Bindemittel, Füllstoff und Strukturmittel in der pharmazeutischen Industrie, sowie in der Textil-, Holz- und Papierherstellung eingesetzt. In der Ölfördertechnik wird sie als Waschmittel für Bohrlöcher genutzt. Sie ist ein vollständig biologisch abbaubarer Zusatz in der Herstellung von Polystyrolen und anderen Kunststoffen, z.B. für die Herstellung von Einweggeschirr. Zudem lassen sich aus Kartoffelabfällen erhebliche Mengen treibstofffähigen Ethanols erzeugen. Hauptsächlich wird Kartoffelstärke in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt. Vom Brot bis zur Limonade, überall wo Bindemittel gebraucht werden, wird auf Kartoffelstärke zurückgegriffen. Daneben wird aus der Stärke auch Dextrose gewonnen, so dass sich Kartoffelstärke sowohl in Traubenzucker als auch in Glukosesirup wiederfindet.

Kürzlich hat Frau Prof. Eva Tornberg (Universität Lund in Schweden) eine Methode entwickelt, um aus Proteinen und Stärke aus Kartoffeln sowie Rapsöl eine vegane und allergenfreie Alternative zu Milch zu erhalten.

Mit Platz vier auf der Liste der weltweit meisterzeugten Agrarprodukte spiel die Kartoffeln eine signifikante Rolle in der Ernährung der Weltbevölkerung und somit in der Bekämpfung von Armut eingenommen; ohne sie wäre die Weltbevölkerung nicht zu ernähren. Die große Stunde der Kartoffeln dürfte indes erst noch kommen, wenn nämlich die bevorstehende Verknappung der Ressource Wasser zum weltweiten Überdenken der landwirtschaftlichen Produktion zwingt.

Eine FAO Resolution bekräftigt die Notwendigkeit, die öffentliche Meinung auf die Zusammenhänge zwischen Armut, Lebensmittelbereitstellung, Fehlernährung und dem potentiellen Beitrag der Kartoffel zur Bekämpfung des Hungers hinzuweisen.

Ab Ende 2018 und noch bis 2020 wird vom Internationalen Kartoffelzentrum (CIP) in Peru eine Kampagne unter dem Motto „Imagine a world without potatoes“ gestartet um das Bewusstsein um den außerordentlichen Wert der Kartoffel für die Menschheit zu fördern. Denn, was wäre die Welt ohne Kartoffel?

Infos & Quellen

  • Olaf Storbeck: Wie uns die Kartoffel reich gemacht hat, in: Handelsblatt (2009)
  • N. Nunn und N. Qian: THE POTATO'S CONTRIBUTION TO POPULATION AND URBANIZATION: EVIDENCE FROM AN HISTORICAL EXPERIMENT, in: Discussion Paper No. 7364 (2009)